Den Profi-Lobbyisten schwimmen langsam die Felle davon. Sie erzählen es einem mit dieser eigenartigen Mischung aus dem Spott des Unbeteiligten und der Ratlosigkeit des Betroffenen: Wir haben uns ja einen Profi geholt. Einen, der die richtigen Verbindungen hat. Der im Flugzeug oder Club neben Ministern sitzt und unsere Anliegen dabei bestens anbringen kann. Er hat auch ein Büro in Brüssel und ein weltweites Netzwerk. Außerdem hat unser Parteifreund gesagt, das ist ein guter Mann. Aber letztlich ist nichts dabei herausgekommen, außer viel Honorar und Spesen. Von einer Durchsetzung unserer Interessen sind wir weiter weg denn je.

Solche Geschichten kann man immer öfter hören von Managern, Unternehmern, von Kammer- und Gewerkschafts-Funktionären, Verbands-Obmännern und anderen Interessenvertretern.

Aber fangen wir von vorne an: Seit sich Menschen zu Gemeinwesen, Unternehmen und Organisationen zusammentun, wollen Einzelne und einzelne Gruppen bei den “Mächtigen” vorsprechen, um sich Privilegien zu sichern oder um Benachteiligungen zu bekämpfen. Man traf sich in den Vorzimmern der Fürsten und später in denen der gewählten Volksvertreter. Auf wienerisch-französisch war das ein “Antichambrieren”, international heißt das jetzt “Lobbying”.

War das Lobbying in Zeiten souveräner Nationalstaaten noch eine relativ übersichtliche Sache, so ist es in den letzten Jahrzehnten wesentlich komplexer geworden: Im globalen Wettbewerb wird innerregionale oder inner-staatliche Loyalität zur puren Nostalgie. In einer Welt rückläufiger Staats-Ressourcen haben Politiker immer weniger zu verteilen. In einem Europa der EU haben Landespolitiker immer weniger Gestaltungspotenz. In auf Effizienz getrimmten, aber auch sehr “abgeschlankten” Kammern dominiert der Interessenausgleich die Interessenvertretung.

Zusätzlich haben Unternehmer und ihre Verbände im Zuge der notwendigen Marktorientierung die Kunst des dazu auch erforderlichen Multi-Level-Lobbyings noch nicht wirklich gelernt. Und in den meisten westlichen Demokratien “schwächeln” die alten, sehr einseitigen Seilschaften Dank steigendem Individualismus vor sich hin. Viele müssen die Erfahrung machen, dass ihnen das sich “an die eigenen Leute wenden” nichts bringt.

Daher werden Ziele wie gute Rahmenbedingungen zum Investieren und Innovieren, Unterstützung von Regierung und Parlament bei der Gestaltung von für die Branche vorteilhaften Gesetzen, Auftrags-förderliches Beamtenverhalten, Mitwirkung von Wissenschaft und Medien, etc. vielfach nicht erreicht. Was dem Selbstvertrauen und dem Vertrauen in bisherige Verbindungen zusätzlich schadet. Und dann tauchte vor nicht allzu langer Zeit eine Idee auf, wie man den Karren wieder flott kriegen kann: Wir nehmen uns so einen Wunderwuzzi-Lobbyisten – der kennt sich aus und hat die nötigen Kontakte, der wird das für uns erledigen.

Das hat auch manchmal geklappt, und zwar dann, wenn der engagierte Lobbyist in der Lage war, die Botschaft seiner Auftraggeber fachlich fundiert und authentisch zu vermitteln und außerdem aus den eigenen Reihen beim besten Willen niemand den Job übernehmen konnte. Ein Argument pro externen Lobbyisten kann auch seine Situierung vor Ort, in der Nähe der anzusprechenden VIPs (z.B. in Brüssel) sein.

Wie das eingangs gebrachte Beispiel illustriert, geht das Anheuern von Externen aber auch ziemlich häufig in die Hose. Die Ursachen des  Versagens von Profi-Lobbyisten sind: Sie treten fachlich/argumentativ zu schwach auf, weil die Thematik einfach zu spezifisch und vielschichtig ist. Sie schaffen nicht die intensive Glaubwürdigkeit und Authentizität des persönlich Betroffenen (Auftraggebers), was gerade in emotionalen Entscheidungssituationen sehr hilfreich wäre. Sie behindern sich manchmal durch andere Lobbying-Aufträge selbst, was nicht gleich widersprechende Interessen bedeutet, aber mit der Angst vor der Überstrapazierung der eigenen Kontakte zusammen hängt. Sie geben überhaupt ihre Kontakte und Kommunikationsmethoden nicht oder zu wenig preis, um gegenüber dem Auftraggeber an Unersetzlichkeit zu gewinnen, was sie letztlich zu unkontrollierbaren Satelliten macht, die dem Auftraggeber-Team viele wichtige Informationen vorenthalten.

Der Gedanke, dass “wir das alleine nicht schaffen” war durchaus richtig, aber die fast komplette Delegation so heikler und existentieller Aufgaben an Externe war der Fehler.

Daher beginnen sich jetzt am Markt ganz langsam und mit steigendem Erfolg Lobby-Coaches durchzusetzen, welche die Vorteilen eines an die neuen Zeiten angepassten Know Hows mit den Vorteile des “selbstgemachten” Lobbyierens verknüpfen.

Erfolgreiche Lobby-Coaches bringen auch viel Praxis-Erfahrung und gute Kontakte ein.
Sie übernehmen aber nicht die “Feld-Arbeit”, sondern verhelfen den Führungsteams von Unternehmen, Organisationen und Interessenvertretungen dazu, selbst optimales Lobbying zu betreiben. Das geschieht durch Entwicklung professioneller Lobby-Strategien, Identifikation der wirklich “für uns” entscheidenden VIPs, der Formulierung klarer Botschaften, der Vermittlung von Nutzen für alle Beteiligten und Betroffenen, der Vorbereitung effizienter Lobbying-Instrumente (immer nur Essen Gehen und Fact Finding Missions sind langsam fad), der Aufstellung und Schulung durchschlagsfähiger, koordinierter Lobbyisten und VIP-Betreuer-Teams aus den eigenen Reihen.

Mit Professionalität und Transparenz holt der Lobby-Coach diese immer noch sehr misstrauisch betrachtete Tätigkeit aus ihrer “Schmuddelecke” heraus. Lobbying kann aber muss nicht unfair sein. Lobbying aus eigener Kraft und bei Nutzung externer Coaches ist jedenfalls der Weg der Zukunft.

Je mehr die Auftrag gebenden Unternehmer, Manager und Interessenvertreter das erkennen und in die Tat umsetzen, umso mehr schwimmen den allein und manchmal im Trüben agierenden “Profi-Lobbyisten” die Felle davon.